Sonntag, 29. März 2015

Soap-Prana - Seife macht glücklich!

Ja, ich bin vom Seifen-Virus befallen - wie so viele vor mir. Seife selbst herzustellen, sie liebevoll zu verpacken, zu verschenken, selbst damit zu baden - das alles macht mich glücklich. Seife bzw. Seifenleim ist ein äußerst interessanter Werkstoff. Der eigenen handwerklichen Kreativität sind rund um das Thema quasi keine Grenzen gesetzt, und bald begutachtet die emsige Seifensiederin die Lebensmittel im Supermarkt nur noch nach dem Kriterium "Verseifbarkeit". 
Zum Seifensieden kam ich, weil mich die Herstellung von Kosmetik grundsätzlich interessiert, solange ich denken kann. Schon mit 13 Jahren las ich Rezepte für selbstgemachte Cremes und Gesichtswässerchen, und später hatte ich auch mal ein halbes Jahr lang eine gute Note in Chemie, weil ich mich mit Emulsionen gut auskannte. Was die Seife für mich als bildender Künstlerin im Allgemeinen und als Malerin im Besonderen zunächst so spannend macht, ist natürlich die Tatsache, dass sie BUNT ist und dass es kaum Grenzen gibt, was Formen und Farben angeht. Ich bin fasziniert von Stempeln jeder Art, ob es nun die simplen von Tschibo sind oder selbst gefertigte für den Linoldruck oder für die Keramik bei meiner Töpferarbeit, und auch Seife lässt sich wunderbar stempeln, einformen und verzieren. Und ich liebe, wie fast jede Frau, Duft! Ein schöner Duft ist wie eine Therapie, er kann sofort die Laune heben oder einen in schwierigen Situationen "halten" (wie z. B. mein Leib- und Magenparfüm Karma von Lush). 
Wenn ich dusche oder bade, möchte ich nicht nur sauber werden, sondern den Akt an sich auch genießen, den Schaum fühlen, den Duft riechen, sehen, wie sich das Badewasser einfärbt. Ich brauche immer eine große Auswahl an Düften und Farben, je nach Stimmungslage, und so ist das Seifemachen für mich ideal. 
Dabei hatte ich mit Seife eigentlich nie gute Erfahrungen und war schon drauf und dran, auf das gute alte Stück Seife ganz zu verzichten. Denn das, was man in der Drogerie als Seife kauft, ist im Grunde nicht mehr pflegend als Putzmittel (Kleiner Exkurs: abgesehen von grüner Seife! Grüne Seife, das als Putzmittel für kleines Geld, im Tattoobedarfshandel für großes Geld angeboten wird, ist ein wunderbares Mittel, um frisch gestochene Tattoos zu pflegen oder Nagelbettentzündungen zu heilen).
Industriell gefertigte Seife, insbesondere die Kernseife, ist gut gegen Schmutz, aber auch aggressiv gegenüber der Haut. Selbst die sogenannten Pflegeseifen sind üblicherweise nichts anderes als eine Kernseife, der nachträglich pflegende Stoffe zugefügt wurden - und zwar in verschwindend geringer Menge!
Industrielle Kernseife wird zumeist aus Rintertalg hergestellt, es wird verseift, dem Seifenleim wird Glyzerin entzogen, um es anderweitigen Kosmetikprodukten zuzuführen, und schließlich wird der Seifenleim ausgesalzen, so dass nur noch die Grund-Seife, vorhanden ist. Grund-Seife hört sich auch gleich viel weniger gut als Kernseife an, oder? Der so entstandenen Roh-Seife, die keinerlei pflegende Eigenschaften mehr besitzt, werden anschließend möglicherweise wieder Glyzerin sowie pflegende Öle hinzugefügt, aber in einem viel zu geringem Maß.
Der Grund, warum diese Seife die Haut angreift, ist - im Gegensatz zur landläufigen Meinung - dann nicht der, dass sie alkalisch ist (auch eine ph-neutrale Waschlotion kann die Haut austrocknen), sondern der, dass sie nicht überfettet ist!
In der Industrie wird Fett zur Seifenherstellung immer 1 : 1 verseift, d. h. es bleibt kein tatsächliches Fett mehr in der Seife, das Fett hat sich mittels der Lauge im chemischen Prozess der Verseifung komplett in alkalische Salze = Tenside = Seife verwandelt. Diese Eigenschaft ist günstig für ein Putz- und Waschmittel zum Wäschewaschen, nicht aber, um damit die menschliche Haut zu reinigen, schon gar nicht reifere, trockene oder sehr beanspruchte Haut (Hände von Handwerkerinnen!).
Wie schonend und angenehm Seife, in Form von tatsächlicher Naturseife, sein kann, lernte ich tatsächlich erst im vergangenen Jahr, als ich zum ersten Mal eine solche benutzte - zugegeben zunächst, weil ich Duft und Farbe ansprechend fand. Ich erlebte das, was ich bisher im Internet nur staunend gelesen hatte und nie glauben konnte: Dass Seife pflegend sein und dass man sich mit Seife auch wunderbar die Haare waschen (ja, sogar die Zähne putzen!) kann, und dadurch viele sonst übliche zusätzliche Produkte, wie Spülung oder Festiger, nicht mehr braucht. Und ich wollte dann das Wunder selbst vollbringen und eine solche Seife selber sieden lernen. In den Jahren zuvor hatte ich schon Seifen hergestellt im Melt&Pour-Verfahren: Man kaufe teure Glyzerin-Rohseifen-Blöcke, schmelze sie ein und schütte sie in Formen, nachdem man sie mit ätherischen Ölen beduftet und mit Farbe gestaltet hat. Soweit ist daran nichts auszusetzen, aber wirklich befriedigt hat mich das nie. Allerdings erfordert die Seifensiederei das Arbeiten mit Natronlauge, vor der ich immer sehr viel Respekt hatte - und noch habe! Ich wollte also zunächst einen Workshop machen, um mir den Umgang mit dem Natriumhydroxid, kurz NaOH, live zeigen zu lassen.
Zur Erläuterung: NaOH ist extrem ätzend. Man löst NaOH-Kristalle oder -plättchen in Wasser, um eine Natronlauge zu erhalten. Ein einziger Spitzer Lauge kann einen das Augenlicht kosten und die Haut lebensgefährlich verätzen. Ohne Schutzbrille, Schutzkleidung und entsprechendes Vorwissen sollte also niemand damit hantieren, das kann man gar nicht deutlich genug sagen!
Leider gibt es aber keine andere Möglichkeit, Seife herzustellen, als Öle und feste Fette mit Natron- oder Kali-Lauge zu verseifen. Eine echte Herausforderung!
Doch man kann so gut wie alles lernen, wenn man es unbedingt will, und ich las mich in das Thema so intensiv ein, dass ich auch zum praktischen Teil übergehen wollte. Und wie bei jedem Handwerk liegt der Schlüssel in der Wiederholung, je mehr ich siedete, desto besser wurden die Ergebnisse. Und nun dusche ich ausschließlich mit meiner handgemachten Seife. Auch meine Freundinnen, die ich natürlich mit meinen Seifen beschenke, obwohl es ihnen teilweise, glaube ich, auch etwas unheimlich war, berichteten im Laufe der Zeit viel Gutes über den Gebrauch: So seien nicht nur trockene Stellen, die sich jahrelang hartnäckig an den Ellenbogen hielten, verschwunden, auch ihre Gesichtshaut habe sich verbessert und die der Hände sowieso. Die Berichte machten mich noch glücklicher als der gesamte Prozess des Siedens insgesamt schon. Ja, Seife macht glücklich, das hab ich früher nie erwartet :-)
Was aber macht denn nun die Naturseife so besonders? Im Gegensatz zur handelsüblichen Seife ist in der selbst gesiedeten Seife zunächst einmal das beim Verseifungsprozess automatisch entstehende Glyzerin noch im vollem Umfang erhalten. Glyzerin ist auch ein natürlicher Bestandteil unseres körpereigenen Feuchthaltesystems der Haut, ein so genannter Hydratisierer, denn das Glyzerin bindet Wassermoleküle und kann diese sogar in die Haut einschleusen. Dadurch wird die Haut beim Waschvorgang vor Feuchtigkeitsverlust geschützt, d. h, sie trocknet weniger aus. Doch die Haut braucht nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch Fett. Seife löst Schmutz und auch Geruch sehr zuverlässig, dabei geht aber leider auch ein Teil des natürlichen Körperfetts verloren. Der Vorteil der Naturseife ist der, dass sie nicht wie die Kernseife 1 : 1 verseift und zudem noch ausgesalzen wird, um sie von allem, was eventuell auch pflegen könnte, zu reinigen. Bei der Herstellung einer Naturseife kann man schon im Rezept bestimmen, zu wie viel Prozent sie später überfettet sein soll. Meine Seifen überfette ich in der Regel mit 7 bis 13 Prozent. Mit den mit 7 % überfetteten Seifen wasche ich mir die Haare, mit den höher überfetteten das Gesicht. Überfettung bedeutet, dass schon im Rezept ausgerechnet wird, dass nicht das gesamte Fett, in meinem Fall fast ausschließlich pflanzliche Öle, wie Olivenöl, Kokosöl, Rapsöl, Mandelöl usw., durch das NaOH verseift wird, sondern dass es in der fertigen Seife noch einen (eben 7 bis 10 prozentigen) Fettüberschuss geben wird. Die Seife ist damit automatisch rückfettend.
Ich bin eine große Freundin der Heißverseifung. Auf den Unterschied zwischen Cold Process und Hot Process will ich hier nicht näher eingehen, das ist ein Thema für sich, aber ich liebe es, den Prozess der Verseifung zeitnah mitzuerleben, meditativ im Topf zu rühren, bis tatsächlich alle Fette verseift sind (dies dauert im Kaltverfahren nach dem Einformen noch 4 bis 6 Wochen, die die Seife nachreifen muss). Ich handhabe es so, dass ich nach der kompletten Verseifung noch zusätzliche Pflegestoffe, wie zusätzliche Öle oder Buttermilch oder Mascarpone sowie natürlich ätherische Öle, die ja nicht nur duften, sondern teilweise auch in recht eindrucksvoller Weise wirken (z. B. Rosmarin- oder Zimtblätteröl zur Anregung der Durchblutung u.v.a.m.), hinzufüge. Die unverseiften und zusätzlichen Öle sowie beispielsweise Sahne oder Mascarpone pflegen die Haut dann schon beim Waschen. Selbstverständlich sollte auch hier nach dem Waschen eine der individuellen Bedürfnisse entsprechende Pflege eingesetzt werden, dennoch ist spürbar, dass die Haut weniger austrocknet als mit herkömmlicher Seife oder Duschgelen, die angeblich rückfettend sein sollen.
Pflegestoffe, wie Buttermilch, Sahne, Mascarpone oder auch Honig und Kräuter können übrigens in der Seife nicht verderben (es sei denn, sie ist ZU hoch überfettet, dann kann die Seife durchaus ranzig werden, was man aber sofort riechen würde), denn das Milieu der Seife ist zu alkalisch. (Kurze Erklärung: Ein Wert von 5,5 wäre sauer, wie der ph-Wert der Haut, 7 ist ph-neutral, wie z. b. bei destilliertem Wasser, und der ph-Wert einer fertigen Seife liegt zwischen 8 und 10. Eine echte Seife kann nie ph-neutral sein! Aber ein geringer alkalischer Wert ist nicht zwangsläufig ein Qualitätsmerkmal, eine ph-neutrale Waschlotion kann ebenso austrocknen oder zu Irritationen führen, siehe oben!)
Zuletzt möchte ich noch betonen, dass, obwohl es bei mir in den Inhaltsstoffen ausgewiesen ist, das NaOH in der fertigen Seife nicht mehr vorhanden ist! Eine Freundin von mir las die Inhaltsangaben auf einer Seife, die sie von mir geschenkt bekam, und war erschrocken, dass Natriumhydroxid drauf steht. Das ist bei industriell gefertigten Seifen meist nicht der Fall; dort werden in den INCIs nur die Namen der bereits verseiften Fette angegeben. Ich bin aber keine gewerbliche Seifensiederin, ich weise die Inhaltsstoffe zwar aus, aber bin nicht dazu verpflichtet, dies in einer gewissen Weise zu tun. Also: Das NaOH dient lediglich dazu, die Fette zu verseifen, sie zu Tensid zu machen. Ist dieser Prozess abgeschlossen, ist das NaOH selbst nicht mehr vorhanden. Um das herauszufinden genügt ein einfacher "Küsschentest", wie es im Seifensieder-Jargon heißt: Man lecke an der Seife und stelle fest: Nichts britzelt mehr, die Seife schmeckt nach Seife, allenfalls salzig oder eben nach Duft.
Somit besteht meine handgemachte Seife eigentlich nur aus verseiften pflanzlichen Ölen und Wasser und einigen Zugaben, wie Honig, Sahne oder Buttermilch. Natürlicher geht´s nicht!
Meine Seife siede ich für mich selbst oder um sie zu verschenken. Die Beschäftigung damit, von der Erstellung des Rezepts, über das Einpacken und Anwaschen, bis hin zur Freude der Beschenkten macht mich rundherum glücklich! :-)





Haarewaschen mit Seife:

Zum Haarewaschen empfiehlt sich eine Naturseife, die nicht mehr als 7% überfettet ist, obwohl bei extrem trockene Kopfhaut im Einzelfall auch eine höhere Überfettung denkbar wäre. In vielen Haarpflegeforen wird die Aleppo-Seife empfohlen, eine reine Olivenölseife mit Lorbeeröl, die bis 5 Prozent überfettet ist. Das Haar wird einfach mit der Seife und viel Wasser eingeschäumt. Wem das zu viel Gerubbel ist, dem sei empfohlen, aus der festen Seife eine flüssige Seife herzustellen: Man übergieße einfach einen Teil feiner Seifenraspel mit 2 oder 3 Teilen kochendem Wasser und verrühre beides gründlich. Nach der Haarwäsche empfiehlt es sich, eine saure Spülung zu machen. Dazu ca. 1/4 Essig oder Zitronensaft mit 3/4 warmen Wasser mischen, über das Haar gießen und gut ausspülen. meiner Erfahrung nach glättet Zitronen- oder Limonensaft das Haar noch besser als Essig, so dass es nach dem Trocknen noch mehr glänzt, aber das muss jeder für sich herausfinden.
Die Säure glättet die Schuppen der Haare, was dazu führt, dass es weicher ist und dass sich im trockenen Haar das Licht besser spiegeln kann, so dass es schön glänzt.













Seifen-Fotos:

Seifen auf den verwendeten Fotos (von oben nach unten):

Rosenseife (2 Fotos)
Rose-Orange-Buttermilch
Abend-Glut (mit Orangen-, Zimt-, Rosen- und Lavendel-Duft)
Abend-Glut und rechts: Friedels Zitronentraum mit viel frischem Lemongrass
Abend-Glut und Gesichtsseife auf Luffa
Orange-Buttermilch
Eukalyptus mit Rosmarin
Lavendel-Mascarpone
En Provence mit viel Lavendelöl
Noch einmal Rosen-Seife
Noch einmal Orange-Buttermilch
Eingepackte Nizza-Seife, von Nizza inspiriert...
Rosen-Seife mit Lavendel-Rosmarin-Einlegern
Pure & Natural (ohne Duft und Farbe): Gesichtsseife auf Luffa.

Text & Fotos: (c) KBOTHA 2015