Mittwoch, 17. Juli 2019

Merke: Wenn jemand nicht arbeiten kann, weil er krank ist, ist er kein Faulpelz. Klingt eigentlich plausibel. Doch viele Leute begreifen das leider nicht...

Eingesperrt in das Korsett der Erkrankung:
Wer krank ist, 
hat nicht nur gesundheitliche Probleme
Jede Krankheit, die nicht unmittelbar körperlich sichtbar ist, stellt für den Betroffenen nicht nur durch die Krankheit an sich eine riesige Herausforderung dar. Auch die Folgen im Zusammenleben mit den lieben Mitmenschen sind manchmal nicht ohne. Man hat Schmerzen, die naturgemäß keiner nachvollziehen kann, der sie nie hatte, und wenn man immer jammert und klagt, wird man irgendwann gemieden, weil das natürlich nervt. Wenn man trotzdem gut drauf ist, weil man ja schließlich noch mehr im Leben hat als die Krankheit, wird man zuweilen nicht mehr als krank (an)erkannt und schnell zum Simulanten abgestempelt. Jemand, der offensichtlich gesund aussieht, aber nicht arbeiten kann, ist schwer verdächtig! Das muss doch ein Faulpelz sein!

Dass zu der Krankheit dann auch noch die finanzielle Not kommt, weil man ja nicht so kann wie man können will, wird einfach ausgeblendet. "Geh doch ein paar Stunden die Woche putzen!", ist ein Rat, der kaum hilfreich ist, aber umso mehr weh tut. 
Es gibt Menschen, die diese Gradwanderung aus Mitgefühl ohne destruktives Mitleid und mit hilfreicher Zuwendung (und viel Humor) hinbekommen. Ein empathischer Mensch kann sowas. Auch über körperliche und psychische Leiden sprechen (was selbstredend auch nicht Überhand nehmen sollte). Aber viele Leute können das leider nicht. Der Mensch kann sich scheinbar oft erst einfühlen, wenn er ähnliche Erlebnisse selbst schon hatte. Und Krankheit ist auch ein thema, das - genau wie der Tod - immer vermieden und verdrängt werden muss, man will ja nicht an die eigene Sterblich- und Verwundbarkeit erinnert werden... 

Aus der Serie "Trauma":
Auch körperliche Erkrankungen
haben oft psychische Ursachen
und Auswirkungen
Wäre es nicht hilfreicher, die Tatsachen anzuerkennen und anzunehmen? JETZT zu leben, nicht erst später? Der Angst in die Augen zu sehen und seinen Frieden mit ihr zu schließen? Gesundheit ist kein Normalzustand. Fast keinem ist es vergönnt, ein Leben lang kerngesund zu bleiben. Insofern sollte man Krankheit als etwas betrachten, das zum Leben dazu gehört. Und wenn jemand sagt, er hat Schmerzen, dann trifft das auch meistens zu.

Der Patient hat immer Recht, sagte mir einmal eine weise und erfahrene Ärztin. Als junge Ärztin habe sie das nicht begreifen wollen. Bis ihr aufging, dass sie nicht das Recht hat zu urteilen, ob jemand Schmerzen hat oder nicht. Denn niemand steckt in eines anderen Kopf oder Körper.

Text, Fotos  und Malerei: (c) KBOTHA 2019